Dieselskandal: Nutzungsvorteil für Autokäufer

VÖ: 08.07.2021 - 15:46 Uhr. Kommentare: 0
Auspuffanlage in Nahaufnahme

Fahrzeugbesitzer, die von dem sogenannten Dieselskandal betroffen sind, müssen sich ihren gezogenen Nutzungsvorteil auf den Kaufpreis des Fahrzeugs anrechnen lassen. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt ist dieser auf den konkret erlittenen Wertverlust, der notfalls durch einen Sachverständigen ermittelt werden muss, abzubestellen.

Eine ledigliche Schätzung durch die lineare Teilwertabschreibung, bei welcher die gefahrenen Kilometer mit dem Kaufpreis multipliziert und dann durch die Gesamtleistung geteilt werden, ist offensichtlich nicht ausreichend, da diese die konkrete Entwicklung des Wertes nicht zureichend abbildet. Dies könnte dann dazu führen, dass der Schadensfall einen Gewinn für den Geschädigten darstellt.

Der Nutzungsvorteil, der konkret von dem Kaufpreis abzuziehen ist, belief sich in einem vorliegenden Fall auf rund 22.000 Euro. Die lineare Teilwertabschreibung hätte dagegen lediglich einen Nutzungsvorteil in Höhe von circa 5.000 Euro vorgesehen.

Wie sich der konkrete Fall im Dieselskandal im Detail gestaltete und wie die Richter ihr Urteil begründeten, erklärt der folgende Beitrag.

Abweisung der Klage durch Landgericht

Im Jahr 2011 erwarb der Kläger für den Preis von 34.700 Euro einen neuen VW Touran, der mit einem EA189-Dieselmotor ausgestattet war. Zum Zeitpunkt der Erstzulassung sorgte die Programmierung der Motorsteuerung dafür, dass der Testbetrieb auf dem Prüfstand erkannt und daraufhin einen Wechsel in den Stickoxid-optimierten Modus vorgenommen wurde.

Der Kläger war daher der Meinung, dass die Beklagte, die VW AG, ihn über das Vorhandensein der illegalen Abschaltvorrichtung sittenwidrig getäuscht habe. Deshalb forderte er Schadensersatz in Höhe seines ursprünglich gezahlten Kaufpreises gegen die Übereignung beziehungsweise Übergabe seines Fahrzeugs. Allerdings wurde die Klage durch das Landgericht abgewiesen.

Berufung vor dem Oberlandesgericht: Keine lineare Teilwertberechnung

Mit seiner Berufung hatte der Kläger dann vor dem OLG zumindest zum Teil Erfolg. Es wurde zugestimmt, dass der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz aufgrund der sittenwidrigen Schädigung durch den Beklagten hat. Allerdings muss er sich seine Nutzung des Fahrzeuges auf den Kaufpreiserstattungsanspruch anrechnen lassen. Dabei bemisst sich der Nutzungsvorteil anhand des Wertverlustes, welchen das Fahrzeug im Laufe der Nutzungszeit aufwies.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es möglich, den Wertverlust nach der linearen Teilwertabrechnung zu schätzen. Der Bruttokaufpreis des Fahrzeuges wird dann durch die voraussichtliche Restlaufleistung zum Zeitpunkt des Erwerbs geteilt und anschließend mit den gefahrenen Kilometern multipliziert.
Allerdings wäre es laut Auffassung der Richter des OLG vorteilhafter, die Schätzung des Nutzungsvorteils durch einen Sachverständigen vornehmen zu lassen, sodass der konkret erlittene Wertverlust ermittelt werden kann. Die Methode, die lineare Teilwertabrechnung als Grundlage der Schadensschätzung zu nutzen, die durch den Bundesgerichtshof gebilligt wurde, sei weniger gut geeignet, um den Nutzungsvorteil wirklich präzise abzubilden.

Besonders bei Fahrzeugen, die nur eine äußerst geringe Laufleistung aufweisen, kann es, wenn die laufleistungsbezogene Formel angewendet wird, dazu kommen, dass der Schadensfall für den Geschädigten einen Gewinn bedeutet und dieser an dem Dieselskandal so verdient. Allerdings ist es nach Auffassung des OLG nicht legitim, dass für den Geschädigten ein derartiger Vorteil entsteht, der auf einem Schadensereignis beruht.

In dem vorliegenden Fall wurde der konkrete Nutzungsvorteil durch einen Sachverständigen so mit 22.250 Euro berechnet. Die Beklagten wurden damit zu einer Zahlung von 12.450 Euro an den Kläger verurteilt. Wäre der Nutzungsvorteil jedoch linear berechnet wurden, hätte der Nutzungsvorteil lediglich eine Höhe von 5.233,68 Euro aufgewiesen. Dem Kläger wären dann circa 29.500 Euro zugesprochen wurden.

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